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HSS & Co. – Grundwerkstoffe für Gewindebohrer

HSS & Co. – Grundwerkstoffe für Gewindebohrer

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Jeder Gewindebohrer, den Sie in der Hand halten, war irgendwann einmal ein rotglühender Klumpen Stahl. Wenn Sie darüber noch nie nachgedacht haben, dann sollten Sie das jetzt nachholen. Denn was mit dem Gewindebohrer geschieht, bevor er in Ihrer Werkzeugtasche landet, hat enormen Einfluss auf die Qualität und den reibungslosen Ablauf Ihrer Arbeit.

Wie wichtig der Stahl ist, aus dem Gewindebohrer hergestellt sind, merken Sie spätestens dann, wenn Ihnen mal wieder ein minderwertiges Werkzeug abgebrochen ist. Damit Sie in Zukunft gut informiert die richtige Kaufentscheidung treffen können, widmen wir uns heute einmal dem Grundwerkstoff für Bohrer, Gewindebohrer und Stufenbohrer : HSS bzw. Hochleistungsschnellarbeitsstahl. Wir sehen uns an, welche Eigenschaften dieser Stahl aufweist, welche Unterschiede sich in der Herstellung ergeben und wie diese sich in den Bezeichnungen der Werkzeuge wiederfinden.

Welche Eigenschaften braucht Stahl, aus dem Gewindebohrer gemacht sind?

Bevor wir voll einsteigen, noch ein paar Überlegungen zu den Ansprüchen , die an Stahl, aus dem Gewindebohrer gemacht sind, gestellt werden.

Im Wesentlichen handelt es sich hier um drei Punkte:

  • Widerstand gegen Verformung
  • Bruchsicherheit
  • Verschleißverhalten

Gewindebohrer sind Präzisionswerkzeuge, die enormen Belastungen ausgesetzt sein können. Sie dürfen sich im Einsatz nicht dauerhaft plastisch verformen, sondern müssen ihre ursprüngliche Geometrie beibehalten. Ebenso müssen Sie zäh genug sein, um unter Belastung nicht sofort abzubrechen. Zu guter Letzt sollten Gewindebohrer ein gutes Verschleißverhalten aufweisen, also möglichst wenig Abnutzungserscheinungen zeigen.

Stahl ist nicht gleich Stahl: HSS & mehr

Der Begriff Stahl wird im Alltag oft ohne weitere Zusätze verwendet. Das täuscht darüber hinweg, wie viele verschiede Klassen, Gruppen und Sorten unter diesem Dachbegriff vereint sind. Allen gemein ist die Eisen-Kohlenstoff-Legierung als Grundlage. Darüber hinaus sorgen zahllose Faktoren wie die genaue Zusammensetzung, der Reinheitsgrad, das Herstellungsverfahren und viele weitere für eine enorme Palette an Stählen. Stahl, aus dem hochwertige Gewindebohrer sind, gehört zur Gruppe der Hochleistungsschnellarbeitsstähle (HSS) – aber auch diese hat viele Mitglieder. Sehen wir uns einmal an, wie sich die HSS-Stähle unterscheiden.

Legierung

Die Art und Konzentration der Legierungselemente hat einen großen Einfluss auf die Eigenschaften des Hochleistungsschnellarbeitsstahls. Dabei bringt jedes Element Vor- und Nachteile mit, die sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssen. Besonders gut sieht man das am Beispiel Kobalt. Die Kobaltlegierung erhöht zwar die Warmfestigkeit des HSS stark, allerdings auch die Bruchempfindlichkeit.

Die häufigsten Legierungstypen für Hochleistungsschnellarbeitsstähle sind:

  • Grundlegierung: Der HSS verfügt über normale Anlassbeständigkeit und Warmhärte.
  • Vanadium-legiert: Für höhere Verschleißfestigkeit.
  • Kobalt-legiert: Erzeugt höhere Härte, Warmhärte und Anlassbeständigkeit.
  • Vanadium-Kobalt-legiert: Diese Legierung hat eine höhere Verschleißfestigkeit und Anlassbeständigkeit, jedoch reduzierte Zähigkeit.
  • Wolfram erniedrigt, Vanadium erhöht: Der HSS wird sehr verschleißfest, hat aber eine geringere Warmhärte.

Herstellungsverfahren

HSS kann in zwei unterschiedlichen Verfahren hergestellt werden. Das sehr viel häufiger angewandte von beiden ist die schmelzmetallurgische Herstellung. Dabei wird der Stahl zunächst geschmolzen und mit den gewünschten Legierungselementen versetzt. Anschließend wird der Stahl zu Barren gegossen und weiterverarbeitet mit dem Ziel, die einzelnen Bestandteile möglichst gleichmäßig zu verteilen und die Reinheit zu erhöhen. Zuletzt wird das Material gewalzt und geschmiedet.

Die pulvermetallurgische Herstellung von HSS wird seltener eingesetzt. Der flüssige Stahl wird hier verdüst und anschließend heißisostatisch gepresst. Dadurch sind höhere Legierungsgehalte möglich und die Verteilung der Bestandteile im HSS ist besonders homogen.

Hochleistungsschnellarbeitsstahl wird außerdem einer Wärmebehandlung unterzogen, die für die benötigte Warmhärte und -festigkeit sorgt. Dabei wird der HSS zunächst erhitzt, abgekühlt und dann beim sogenannten Anlassen erneut erhitzt.

Weiterverarbeitung

Nach der Herstellung gibt es noch zahlreiche Möglichkeiten, HSS zu behandeln, um weitere gewünschte Eigenschaften zu erreichen. Darunter fallen mechanische Veränderungen wie Schleifen, Oberflächenbehandlungen wie Nitrieren oder Beschichtungen.

Hochleistungsschnellarbeitsstahl (HSS): Der Stoff, aus dem Bohrer sind

Jetzt wissen wir also, welche Faktoren den Werkstoff HSS ausmachen. In der Summe sorgen sie für eine hohe Temperaturbeständigkeit, ermöglichen hohe Schnittgeschwindigkeiten und eine gute Bruchfestigkeit. Doch die Gruppe der Hochleistungsschnellarbeitsstähle beinhaltet zahlreiche Varianten, die Sie an den entsprechenden Kürzeln erkennen können. Sehen wir uns an, was es damit auf sich hat und stellen einige der häufigsten Varianten vor.

HSS

HSS steht für High Speed Steel, was ist einfach nur die englische Bezeichnung von Schnellarbeitsstahl ist. Hier handelt es sich um die Grundform ohne spezielle Legierungsbestandteile oder Bearbeitungen. Ein Allroundmaterial also, für Einsätze ohne extreme Anforderungen.

HSSE

HSSE verweist auf einen Gewindebohrer aus HSS mit Extralegierung. Meist handelt es sich hier um Kobalt. HSSE-Gewindebohrer sind besonders hart, bei guter Warmhärte und Anlassbeständigkeit. Jedoch geht dies mit einer höheren Bruchgefahr einher.

HSSE-V3

Das Kürzel V3 weist hier auf den Vanadiumanteil zusätzlich zum Kobalt hin. Das Vanadium erhöht die Härte und verringert den Verschleiß, wird jedoch selten in Konzentrationen von über 3 % verwendet, da genau diese Eigenschaften ansonsten zu Schwierigkeiten in der Herstellung führen.

HSSG

Der Zusatz G bezieht sich nicht auf ein Legierungselement, sondern auf die Herstellungsart. Er steht für „geschliffen“. HSSG-Gewindebohrer werden in Schleifprozessen hergestellt und sind damit besonders präzise. Das Schleifen verbessert außerdem die Standzeit und die Spanabfuhr.

HSSE-PM

Über die pulvermetallurgische Herstellung haben wir weiter oben bereits gesprochen. An der Bezeichnung HSSE-PM erkennen Sie, ob der Stahl für Ihren Gewindebohrer in einem solchen Verfahren gefertigt wurde. Diese Gewindebohrer weisen eine hervorragende Verschleißbeständigkeit bei hoher Warmhärte und sehr guter Druckbeständigkeit auf. Sie sind zudem sehr zäh und gut schleifbar. Die Oberfläche nach dem Schleifen ist besonders glatt und reduziert daher die Reibung, wenn der Gewindeschneider seine Gewinde schneidet.

Und welcher ist jetzt der beste HSS-Stahl für Gewindebohrer?

Wenn Sie bis hierhin gelesen haben, dann fragen Sie sich vielleicht, welcher Stahl denn nun der beste ist. Sie sollten beim Kauf generell darauf achten, dass HSS verwendet wurde und kein minderwertiger Werkzeugstahl. In der HSS-Gruppe werden Sie aber nicht den einen Sieger finden. Vielmehr ist jeder Stahl „der beste“ für das spezielle Anwendungsgebiet, auf das er ausgelegt ist.