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Diese zölligen britischen Gewindearten sollten Sie kennen

Diese zölligen britischen Gewindearten sollten Sie kennen

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Sich in einem anderen Einheitensystem zu orientieren ist ein bisschen so, wie eine Fremdsprache zu lernen. Zuerst verstehen Sie nur Bahnhof und müssen mühsam alles Wort für Wort übersetzen, aber je länger Sie üben, desto intuitiver wird es. Für Handwerker und Heimwerker gleichermaßen ist es sinnvoll und manchmal sogar unvermeidbar, sich neben dem metrischen System auch mit Zolleinheiten zumindest in Grundzügen auszukennen. Denn nicht nur in den USA spielt das angloamerikanische Maßsystem eine wichtige Rolle. Auch in Großbritannien geht nichts ohne Zoll bzw. Inch, wie die Einheit im Englischen bezeichnet wird. Und einige der zölligen britischen Gewindearten haben sich mittlerweile auch hierzulande verbreitet. Allen voran das Whitworth Rohrgewinde, das in Deutschland aus dem Sanitärwesen nicht mehr wegzudenken ist. Damit Sie in Zukunft genau wissen, womit Sie es zu tun haben, wenn Ihnen eine zöllige britische Gewindeart über den Weg läuft, haben wir uns des Themas einmal angenommen.

Joseph Whitworth und der Ursprung der zölligen britischen Gewindearten

Britische Gewindearten sind vor allem mit einem Namen verbunden: Joseph Whitworth. Wenn Sie häufiger mit Gewinden arbeiten, dann haben Sie sicher auch schon den Begriff Whitworth Gewinde gehört. Der britische Ingenieur hat offensichtlich einen mehr als bleibenden Eindruck hinterlassen, aber warum eigentlich? Joseph Whitworth ist nichts weniger als der Vater der Gewindenormen. Können Sie sich das vorstellen, eine Welt ohne genormte Gewinde? Keine Austauschbarkeit, keine Reproduzierbarkeit und keine gut sortierten Schraubenregale im Baumarkt. Das war die Welt, in der Joseph Whitworth lebte. Bis er beschloss, das zu ändern und 1841 den weltweit ersten nationalen Gewindestandard vorlegte. Das Beispiel machte Schule und bald sprossen die Gewindenormen überall auf der Welt nur so aus dem Boden. Der Name Whitworth wurde unsterblich und wird noch heute jeden Tag von zahllosen Handwerkern verwendet – auch wenn vielleicht nicht jeder so ganz genau weiß, wofür er eigentlich steht.

Das Besondere an den zölligen britischen Gewindearten

Aus den Anfangstagen der Gewindenormen stammt auch eine Besonderheit, die britische Gewindearten bis heute von vielen metrischen und auch zölligen amerikanischen Gewinden unterscheidet. Die Whitworth Gewinde haben nämlich einen Flankenwinkel von 55°, im Unterschied zu 60° bei den anderen weit verbreiteten Schraubengewinden.

Bei der Steigung unterscheiden sich die zölligen britischen Whitworth Gewindearten von den metrischen Gewinden. Als Steigung wird nicht der Abstand zwischen zwei Gewindespitzen angegeben, sondern die Anzahl der Gänge pro Zoll. In diesem Zusammenhang sehen Sie oft auch die Abkürzung TPI, die für threads per inch steht. Zum Glück lässt sich diese Angabe jedoch leicht in die uns vertraute Steigung umrechnen, indem Sie 2,54 cm (also 1 Zoll) durch die Anzahl der Gänge teilen.

Zöllige britische Whitworth Schraubengewinde

Das britische Regelgewinde, das in Anwendung und Funktion unserem metrischen Regelgewinde entspricht, ist das British Standard Whitworth (BSW). Es handelt sich dabei tatsächlich noch um die originale Gewindenorm, die auf die Entwürfe von Joseph Whitworth selbst zurückgeht. Mittlerweile ist das BSW Gewinde längst Teil der British Standards, der Normensammlung der British Standards Institution (BSI). Viele andere britische Gewindearten wurden auf Basis des BSW Profils entwickelt. Darum werden umgangssprachlich viele britische Gewinde auch dann als „Whitworth Gewinde“ bezeichnet, wenn sie gar nicht direkt aus der Feder des findigen Ingenieurs stammen.

Eines davon ist das British Standard Fine (BSF). Das britische Feingewinde ist das Pendant zum metrischen Feingewinde mit kleinerer Steigung und geringerer Gewindetiefe. Es wird für dünnwandige Bauteile und in der Feinmechanik eingesetzt. 

Eine weitere britische Gewindeart, die häufig zu den Whitworth Gewinden gruppiert wird, obwohl sie strenggenommen nicht dazugehört, ist das British Association Gewinde (BA). Zwar findet man das BA Gewinde in Bauteilen häufig Seite an Seite mit BSW und BSF, es hat jedoch eine ganz andere Geometrie. Der Flankenwinkel liegt hier bei 47,5° und zudem ist das BA Gewinde überhaupt kein zölliges Gewinde, sondern Nenndurchmesser und Steigung werden wie bei metrischen Gewinden in mm angegeben. 

Zöllige britische Whitworth Rohrgewinde

Wenn Ihnen der Name Whitworth auch vor diesem Beitrag ein Begriff war, dann vermutlich im Kontext der Rohrgewindearten. Das ist nämlich der Bereich, in dem die Einflusssphäre der zölligen britischen Gewinde sich endgültig über die Grenzen Großbritanniens hinaus ausdehnt. Zusammengefasst werden die Rohrgewinde unter dem Namen British Standard Pipe (BSP) – Ihnen vermutlich besser bekannt als G Rohrgewinde.

Wie bei den meisten Rohrgewindearten finden sich auch bei den BSP Gewinden konische und zylindrische Varianten. British Standard Pipe Parallel thread (BSPP) steht für das zylindrische Gewinde mit konstantem Durchmesser, die kegelige Ausführung wird als British Standard Pipe Taper thread (BSPT) bezeichnet.

Beim in Deutschland weit verbreiteten G Rohrgewinde sind sowohl Innen- als auch Außengewinde zylindrisch und es wird eine Verbindung erzeugt, die nicht im Gewinde dichtend ist. Genormt ist das G Gewinde nach ISO 228. Hierzulande seltener verwendet werden die dichtenden Verbindungen aus konischem Außengewinde R und entweder dem zylindrischen Rp Innengewinde oder dem ebenfalls konischen Rc Innengewinde.

Wichtig zu beachten ist außerdem eine Besonderheit bei den Abmessungen der Whitworth Rohrgewindearten. Die in der Gewindebezeichnung auftauchenden Zollangaben entsprechen nämlich nicht dem tatsächlichen Außendurchmesser des Gewindes. Das liegt daran, dass sich die Wandstärke moderner Rohre im vergleich zu der alter Gusseisenrohre deutlich verringert hat. Kompensiert wurde das durch ein Ansteigen des Innendurchmessers, ohne jedoch die Größenangaben entsprechend anzupassen. So kommt es, dass ein G 1" Gewinde tatsächlich einen Außendurchmesser von 1,309 Zoll bzw. 33,250 mm aufweist.

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