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Rohrgewinde-Arten – Whitworth Gewinde & mehr

Rohrgewinde-Arten – Whitworth Gewinde & mehr

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Was Joseph Whitworth wohl sagen würde, wenn er wüsste, dass über 130 Jahre nach seinem Tod noch jeder europäische Gas- und Wasserinstallateur seinen Namen kennt? Der britische Ingenieur gilt als Vater der Gewindenorm und führte 1841 das nach ihm benannte Zoll-Gewinde ein. Und während sich für den allgemeinen Gebrauch auf dem europäischen Festland schon lange metrische Gewindenormen durchsetzen konnten, hat das Whitworth Gewinde sich in einem Bereich tapfer gehalten. Als Rohrgewinde ist es hierzulande noch immer in Gebrauch und wird so schnell auch nicht abgelöst werden. Grund genug also, sich den erfahrenen Spezialisten unter den Gewindenormen einmal genauer anzusehen!

Besonderheiten des Whitworth Gewindes

Das zylindrische Whitworth Gewinde ist der Standard unter den Rohrgewinden und wird auch unter der Bezeichnung „British Standard Pipe“ vertrieben. Es trägt als Kürzel die Gewindebezeichnung G in Verbindung mit dem Nennmaß. Die Steigung ist in Gang pro Zoll festgelegt und entspricht eher der eines Feingewindes. Der Flankenwinkel des Whitworth Gewindes liegt bei 55°.

Daneben gibt es noch ein kegeliges Whitworth Gewinde für Rohrverbindungen mit der Gewindebezeichnung R, das mit einem zylindrischen Rp Gewinde kombiniert wird. Auf diese unterschiedlichen Rohrgewinde-Arten gehen wir im nächsten Abschnitt ausführlich ein.

Zunächst sehen wir uns aber an, wo das Rohrgewinde überhaupt zum Einsatz kommt. Im Prinzip ist das überall da, wo Rohre und die sogenannten Fittings, mit denen Verbindungen hergestellt werden können, verwendet werden. Ganz klassisches Beispiel ist die Sanitäts- und Heizungstechnik, wo ohne das Rohrgewinde überhaupt nichts läuft. Wenn Sie sich also schon einmal gefragt haben, welches Gewinde Ihr Wasserhahn hat, dann kennen Sie nun die Antwort. Auch in der Pneumatik oder Hydraulik finden Rohrgewinde Anwendung, etwa wenn es um Ventile oder die Verbindung von Rohren und Schläuchen geht. Auch Heiz- und Kühlsysteme greifen auf das Whitworth Gewinde zurück.

Noch ganz dicht? Unterschiedliche Rohrgewinde-Arten

Es ist vielleicht keine große Überraschung, dass die Frage der Abdichtung bei Rohrverbindungen eine zentrale Rolle spielt. Zwar werden auch rieselfähige Feststoffe in Rohren transportiert, der Hauptaufgabenbereich liegt aber doch bei den Flüssigkeiten und Gasen. Da kann eine falsche Abdichtung ärgerlich, lebensgefährlich oder irgendwas dazwischen sein.

Entsprechend werden unterschiedliche Rohrgewinde-Arten und -Normen nach „dichtend“ und „nicht dichtend“ eingeteilt. In diesem Kontext findet beim Whitworth Gewinde auch eine Unterscheidung zwischen zylindrisch und kegelig statt.

Zwei Rohrgewinde-Arten sollten Sie unterscheiden können:

  • Rohrgewinde DIN EN ISO 228-1: für nicht dichtende Verbindungen mit zylindrischen Innen- und Außengewinde
  • Rohrgewinde DIN EN 10226-1: im Gewinde dichtend mit einem zylindrischen Innengewinde und einem kegeligen Außengewinde

Häufiger verwendet wird die nicht dichtende Variante oder das Whitworth Gewinde G. Um eine dichte Verbindung herzustellen, muss der Installateur entweder außerhalb des Gewindes zwei Dichtflächen aneinanderpressen, oder eine Dichtung ins Gewinde einlegen. Klassischerweise kommt hier Dichtungshanf in Kombination mit einer Dichtpaste zum Einsatz oder andere Dichtungselemente wie O-Ringe oder Flachdichtringe.

Das dichtende Rohrgewinde DIN EN 10226-1 stellt dagegen eine metallische Dichtung her. Das geschieht durch die Paarung von zylindrischem und kegeligem Gewinde. Beim Zudrehen verklemmen sich die Gewinde dadurch so stark, dass eine Abdichtung erfolgt. Dennoch kann zur Sicherheit auch hier zusätzlich Dichtmittel verwendet werden. Meist ist bei dieser Variante das Innengewinde zylindrisch (Bezeichnung Rp) und das Außengewinde kegelig (Bezeichnung R). In seltenen Fällen wird ein kegeliges Innengewinde verwendet, das dann die Bezeichnung Rc trägt.

Die Sache mit dem Zoll beim Whitworth Gewinde

Wenn Sie Gewindenormen und Ihre spezifischen Abmessungen sowieso schon verwirrend finden, dann müssen Sie jetzt stark sein. Das Whitworth Gewinde legt nämlich nochmal eine Schippe Konfusion oben drauf. Die Gewindegröße wird zwar in Zoll angegeben, der Wert entspricht jedoch nicht dem Außendurchmesser. Schuld daran sind die Fortschritte in der Sanitär- und Heizungstechnik in den vergangenen 150 Jahren. Ursprünglich bezogen sich die Maßangaben bei Rohren auf den so wichtigen Innendurchmesser. Der lag damals dann auch tatsächlich bei 1 Zoll (oder 25,4 mm), wenn von einem „1 Zoll Rohr“ die Rede war. Der Außendurchmesser historischer Rohre war im Verhältnis zum Innendurchmesser nach heutigen Maßstäben enorm und betrug beim 1 Zoll Rohr etwa 33 mm. Durch fortlaufende Optimierung der Herstellungsverfahren konnte die Dicke der Rohrwandung immer mehr abnehmen. Aus praktischen Gründen – viele Werkzeuge und Bauteile waren entsprechend des Außendurchmessers hergestellt – wurde das durch einen wachsenden Innendurchmesser kompensiert. Und deshalb findet sich beim „1 Zoll Rohr“ heute kein Durchmesser mehr, der tatsächlich 1 Zoll beträgt. Es ist also eher eine Bezeichnung als eine tatsächliche Maßangabe und auch beim Whitworth Gewinde als solche zu betrachten.

Mehr als nur Whitworth: Rohrgewinde-Arten und -Normen in den USA

Das Whitworth Gewinde ist in Europa flächendeckend verbreitet und wird – sofern Sie nicht auswandern – die Rohrgewinde-Norm bleiben, die Ihnen am häufigsten begegnet. Allerdings kann ein Blick über den Tellerrand nie schaden, deswegen sehen wir uns einmal an, welche Rohrgewinde anderswo verwendet werden.

American National Standard Pipe Thread Normen regeln die Vorgaben für Rohrgewinde in den USA. Die Standardvariante NPT (amerikanisches, kegeliges Rohrgewinde) kann für die meisten Anwendungsfälle und ohne Dichtmittel verwendet werden. Es hat einen Flankenwinkel von 60°. Vom NPT existieren eine Vielzahl von Variationen für besondere Einsatzzwecke oder erhöhte Belastungen. National Pipe Taper Fuel NPTF (amerikanisches, kegeliges Rohrgewinde) ist für anspruchsvolle Verbindungen vor allem im Bereich des Transports von Brennstoffen geeignet. National Pipe Straight Mechanical (NPSM) ist eine zylindrische Ausführung des amerikanischen Rohrgewindes, die vor allem bei Eisen-, Stahl- und Messingrohren zu finden ist, die keinem internen Druck standhalten müssen. Eine weitere zylindrische Variante ist das National Pipe Straight Loose (NPSL) Gewinde für Verbindungen mit Spiel.

Auch wenn die Bandbreite verlockend scheint, die amerikanischen Gewindenormen sind mit dem britischen Whitworth Gewinde nicht kombinierbar . Sie haben nicht nur unterschiedliche Flankenwinkel, sondern auch verschiedene Steigungen. Es lohnt sich also immer, doch noch einmal einen Blick auf die Gewindenorm zu werfen, bevor Sie mit der Arbeit loslegen!

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