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Gewinde formen – ohne Span sauber zum Ziel kommen

Gewinde formen – ohne Span sauber zum Ziel kommen

Geschätze Lesezeit: 5 Minuten

Auch wenn uns das Gewindebohren besonders am Herzen liegt, es ist nicht der einzige Weg, ein Gewinde herzustellen. Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe von Herstellungsverfahren, die alle ihre individuellen Besonderheiten sowie Vor- und Nachteile mit sich bringen. Für welche Sie sich entscheiden, hängt von vielen Faktoren ab. Einige davon sind etwa das verwendete Material, die Werkstattausstattung, die Ihnen zur Verfügung steht, oder auch Ihre persönliche Erfahrung und Vorliebe. Damit Sie eine gut informierte Entscheidung treffen können, wagen Sie mit uns einen Blick über den Tellerrand! Wir beschäftigen uns heute mit einem spanlosen Verfahren zur Gewindeerzeugung, dem Gewinde Formen oder Gewindefurchen. Wie das geht, wann sich die Methode eignet und was am Formen eines Gewindes so besonders ist, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.

Wie funktioniert das Gewinde Formen?

Beim Gewinde Formen wird das Gewinde spanlos erzeugt. Anders als beim Gewindebohren schneiden Sie beim Formen des Gewindes kein Material, sondern Sie verdrängen es. So werden beim Gewinde Formen die Fasern im Werkstoff gestaucht statt durchtrennt. In diesem Zusammenhang spricht man auch von einer Kaltumformung. Zu der kommt es dann, wenn ein Umformungsprozess unterhalb der Rekristallisationstemperatur des Werkstoffs stattfindet. Dadurch finden auf molekularer Ebene im Kristallgitter keine Veränderungen statt und das Material weist eine erhöhte Werkstofffestigkeit auf.

Das Werkzeug zum Formen eines Gewindes

Zum Gewinde Formen benötigen Sie ein besonderes Werkzeug, den Gewindeformer. Wenn Sie diesen in eine vorbereitete Kernlochbohrung einbringen, dann drückt er dabei das Gewinde in den Werkstoff. Das Werkzeug zum Formen eines Gewindes benötigt keine Nuten, schließlich fallen bei dem Vorgang auch keine Späne an, die abtransportiert werden müsste. Lediglich zur besseren Verteilung von Kühlmittel können schmale Nuten hilfreich sein. Wo beim Gewindebohrer der Anschnitt ist, da hat das Werkzeug zum Formen des Gewindes einen Anfurchkegel. Bei dem sind die Gewindezähne alle voll ausgeprägt und steigen lediglich im Durchmesser an. Außerdem ist der Gewindeformer nicht rund, sondern hat ein polygonales Profil.

Der Arbeitsablauf beim Formen der Gewinde

Die Arbeitsschritte beim Formen eines Gewindes gleichen denen beim Schneiden von Gewinden. Zunächst müssen Sie eine Kernlochbohrung herstellen. Achtung, hier gelten beim Gewinde Formen besondere Maße! Die Kernlochbohrung können Sie im Anschluss noch mit einem Kegelsenker ansenken. Ist das erledigt, können Sie mit dem Gewinde Formen direkt anschließen.

Beim Formen entstehen an den Gewindespitzen die sogenannten Krallen, kleine Hohlräume, an denen Sie das Herstellverfahren sofort erkennen können. Diese haben aber keinen Einfluss auf die Funktionstüchtigkeit des Gewindes.

Der Kernlochdurchmesser beim Gewindefurchen

Der Kerndurchmesser fällt beim Gewindefurchen größer aus als beim Gewindeschneiden, dafür sind die Toleranzen jedoch enger. Das bedeutet, Sie haben noch weniger Spielraum, was den Durchmesser der Kernlochbohrung angeht. Berechnen können Sie die passenden Maße beim Gewindefurchen durch diese Formel:

Dk = D – (0,5 x P) + 0,05

Dabei gilt:

  • Dk = Kernlochdurchmesser
  • D = Gewindenenndurchmesser
  • P = Steigung

Aufgrund der engen Toleranzen sollten Sie die Berechnung nur selbst durchführen, wenn Sie sich Ihrer Sache wirklich sicher sind. Ansonsten lesen Sie den richtigen Kernlochdurchmesser für das Formen von Gewinden besser aus einer Tabelle ab, um Fehler zu vermeiden.

Wann ist Gewinde Formen sinnvoll?

Das Verfahren des Gewinde Formens ist überhaupt nur dann zur Gewindeherstellung einsetzbar, wenn es sich um einen Werkstoff handelt, der gut kaltumformbar ist. Dazu zählen Leichtmetalle und Leichtmetall-Legierungen, Nickel- und Kobaltlegierungen, Titan und Titanlegierungen, Buntmetalle, Stähle bis ca. 1200 N/mm2sowie rost-, säure- und/oder hitzebeständige Stähle bis 1200 N/mm2. Andere Materialien lassen sich beim Gewinde formen nicht bearbeiten.

Die Werkstoffeigenschaften setzen auch bei der Steigung Grenzen. Die kann beim Gewinde formen nämlich nur maximal 3 bis 4 mm betragen. Dafür ist die erreichbare Gewindetiefe deutlich größer als bei zerspanendem Werkzeug. Sie wird nur durch die Baulänge des Werkzeugs eingeschränkt.

Beim Gewinde Formen entstehen außerdem starke Reibungskräfte, die mit einer gewissen Hitzeentwicklung einhergehen. Die Kühlschmierung gewinnt damit im Vergleich zu anderen Arten der Gewindeerzeugung noch mehr Bedeutung. Wenn Sie keine ständige Zufuhr von Schmiermittel in ausreichender Menge sicherstellen können, dann ist das Gewinde Formen kein gutes Verfahren für Sie.

Weiterhin funktioniert das Formen von Gewinden dann am besten, wenn Sie mit einer stationären Werkzeugmaschine arbeiten. Für das händische Arbeiten ist dieses Verfahren zur Gewindeherstellung nur eingeschränkt geeignet.

Die Vorteile des Gewinde Formens

Neben diesen Einschränkungen bringt das Gewinde Formen aber auch eine Reihe an Vorteilen mit sich. Dazu gehört die Tatsache, dass beim Gewindefurchen keine Späne anfällt. Das verhindert Spanprobleme und eliminiert damit eine der größten Fehlerquellen bei der Gewindeerzeugung. So benötigen Sie beim Gewindefurchen auch für Sacklöcher kein anderes Werkzeug als für Durchgangslöcher. Außerdem wird beim Gewinde formen durch die Kaltumformung eine besonders hohe Gewindefestigkeit erzeugt und die Gewinde erreichen eine hohe Oberflächenqualität.

Beim Gewindefurchen kann es zudem nicht zum axialen Verschneiden kommen, einem beim Gewindeschneiden gefürchteten Effekt, der das komplette Gewinde ruinieren kann. Auch lassen sich beim Gewindefurchen höhere Schnittgeschwindigkeiten und lange Standzeiten erreichen. Werkzeuge zum Gewinde Formen halten also besonders lange durch. Etwas eingeschränkt wird dieser Vorteil dadurch, dass sich Gewindeformer anders als Gewindeschneider nicht nachschleifen lassen, wenn sie dann doch einmal von Verschleiß betroffen sind.

Lohnt sich Gewinde Formen für Sie?

Wenn Sie mit einem geeigneten Werkstoff arbeiten möchten und gerne auf Späne verzichten würden, weil Sie vielleicht ein Gewinde in einem Sackloch erzeugen möchten, dann sind Gewindeformer eine echte Alternative. Allerdings sollten Sie sich bewusst machen, dass das Gewinde Formen auch seine Tücken hat. Um den hohen Reibungskräften entgegenzuwirken, benötigen Sie viel und vor allem sehr hochwertiges Schmiermittel. Zudem ist bei der Kernlochbohrung für das Gewinde formen besonders viel Sorgfalt gefragt. Durch die engen Toleranzen passiert es schnell, dass Ihnen das Bohrloch zu groß oder zu klein gerät. Dann wird das Gewinde nicht richtig ausgeformt oder das Werkzeug bricht ab.

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