Alles, was Sie über den Freiwinkel am Gewindebohrer wissen müssen
Müssen Sie wirklich jede Kleinigkeit über ein Gewindeprofil wissen, um gute Gewinde schneiden zu können? Nein, natürlich nicht. Unter normalen Umständen genügen einige Grundlagen und wenn Sie es schaffen, den richtigen Gewindebohrer für Ihren Schneidfall auszuwählen, dann haben Sie schon einiges richtig gemacht. Warum befassen wir uns also dennoch immer wieder mit detailliertem Fachwissen, das Sie im Alltag nicht unbedingt brauchen? Weil es im entscheidenden Moment Gold wert sein kann.
Fachwissen macht sich immer dann bezahlt, wenn Sie wiederholt über dasselbe Problem stolpern und sich auf Ursachenforschung begeben müssen. Und da kann es weiterhelfen, wenn Sie einen Überblick über alle Maße und Winkel am Gewindebohrer haben. Diesen Überblick möchten wir Ihnen in unseren Blogbeiträgen liefern – heute zum Thema Freiwinkel. Können Sie spontan sagen, was der Freiwinkel ist, wo er sich befindet und wie groß er sein sollte? Nein? Macht nichts. Denn alle diese Fragen beantworten wir in diesem Blogbeitrag.
Was genau ist der Freiwinkel am Gewindebohrer?
Sehen wir uns also zunächst an, was der Freiwinkel ist. Dazu müssen wir ihn als erstes finden und dann feststellen, welche Auswirkungen er beim Gewindeschneiden hat. Übrigens gibt es Freiwinkel nicht nur am Gewindebohrer, sondern an jeder Werkzeugschneide, unter anderem also auch an Spiralbohrern. Wenn Sie sich mit dem Freiwinkel auskennen, hat das also einen positiven Effekt auf Ihre gesamte handwerkliche Tätigkeit.
An dieser Stelle ist der Freiwinkel am Gewindebohrer zu finden
Beim Freiwinkel handelt es sich um einen der Winkel an der Werkzeugschneide. Genauer gesagt ist der Freiwinkel der Winkel zwischen der Freifläche des Werkzeugs und dem Werkstück. Der Begriff Freifläche bezeichnet dabei die Fläche am Schneidkeil, die der Oberfläche des Werkstücks zugewandt ist. Auf der anderen Seite der Schneide befindet sich die Spanfläche.
Diese Funktion hat der Freiwinkel beim Gewindebohrer
Die Freifläche am Werkzeug und die Schnittfläche am Werkstück sollen sich so wenig wie möglich berühren. Durch einen zu langen Kontakt würden große Reibungskräfte entstehen, die wiederum zu einer enormen Hitzeentwicklung führen würden. Und zu viel Reibung und Wärme ist bekanntlich weder für das Werkstück noch für das Werkzeug eine gute Idee. Geringe Standzeiten und unschöne Oberflächen wären die Folge. Also muss die Freifläche sich von der Schnittfläche am Werkstück wegneigen, damit beide Flächen so wenig Berührungspunkte möglich haben. Und das gelingt dank des Freiwinkels. Auf diese Weise verhindert der Freiwinkel, dass der Gewindebohrer sich verklemmt oder abbricht.
Das Zusammenspiel zwischen Freiwinkel und anderen Winkeln am Gewindebohrer
Ein großer Freiwinkel sorgt also für viel Abstand zwischen Freifläche und Schnittfläche und damit für wenig Reibung. Leider ist die Rechnung nicht ganz so einfach. Denn der Freiwinkel steht nicht allein auf weiter Flur, sondern tritt immer nur als Teil eines Trios auf. Neben dem Freiwinkel α gibt es noch den Keilwinkel β und den Spanwinkel γ, die immer mit bedacht werden müssen. Alle drei Winkel zusammen ergeben stets 90°, folglich hat die Wahl des Freiwinkels direkte Auswirkungen auf die Größe der beiden Kollegen. Je größer der Freiwinkel, desto weniger Spielraum bleibt für Span- und Keilwinkel. Da die jedoch auch von großer Bedeutung für das Gelingen des Gewindeschneidvorgangs sind, muss der Freiwinkel stets mit Bedacht und Fingerspitzengefühl gewählt werden.
Wie groß sollte der Freiwinkel beim Gewindebohrer sein?
Grundsätzlich gilt beim Freiwinkel, dass er so klein wie möglich, aber so groß wie nötig sein sollte. Ein großer Freiwinkel führt aufgrund des oben erklärten Zusammenhangs zu einem kleineren Keilwinkel und damit zu einem Schneidkeil, der anfälliger für Verschleiß und Beschädigung ist. Ist der Freiwinkel jedoch zu klein, dann kann er die Reibung nicht effektiv genug zu verhindern. Eine gute Balance zwischen beiden Extremen ist beim Freiwinkel also entscheidend.
Die Wahl des Freiwinkels hängt auch mit der Zerspanbarkeit des Werkstoffs zusammen. Je schwerer zerspanbar ein Material ist, desto größer sollte auch der Freiwinkel sein. Von einem großen Freiwinkel spricht man, wenn der Winkel zwischen 6° und 13° liegt. Bei weniger als 6° handelt es sich um einen kleinen Freiwinkel.
Diese typischen Probleme hängen mit dem Freiwinkel beim Gewindebohrer zusammen
Wenn wir uns ansehen, was wir bezüglich der Größe des Freiwinkels festgestellt haben, dann ergeben sich daraus auch schon die häufigsten Probleme. Ein kleiner Freiwinkel sorgt für zu viel Reibung und Wärmeentwicklung und führt in der Folge zu einem hohen Werkzeugverschleiß. Aber auch ein zu großer Freiwinkel kann zu erhöhtem Verschleiß führen, weil der den Schneidkeil destabilisiert.
Ein zu großer Freiwinkel kann jedoch auch die Ursache sein, wenn ein Gewindebohrer beim Herausdrehen aus dem fertig geschnittenen Gewinde abbricht, denn er erhöht die Gefahr, dass der Span sich verklemmt. Um das zu vermeiden, sollten Sie bei Durchgangsgewinden immer darauf achten, dass vor dem Herausdrehen auch der letzte Gewindegang vollständig geschnitten wurde.
Was haben Freiwinkel und Hinterschliff miteinander zu tun?
Wie so oft gibt es auch beim Thema Freiwinkel verschiedene Bezeichnungen, die teilweise synonym verwendet werden. Statt vom Freiwinkel wird oft auch vom Hinterschliff oder Freischliff gesprochen. Der Begriff Hinterschliff legt dabei einfach nur stärker den Fokus auf den Schleifvorgang, bei dem der Freiwinkel erzeugt wird. Freiwinkel und Hinterschliff bezeichnen also dieselbe Stelle am Gewindebohrer, betrachten diese aber aus leicht unterschiedlichen Blickwinkeln.
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