Das Differenzgewinde ist ein einfacher Mechanismus mit großer Wirkung
Wir haben uns in diesem Blog schon viele verschiedene Arten von Gewinden angesehen und stellen immer wieder fest, wie vielseitig diese Gebilde eigentlich sind. Sie sorgen für festen Halt, bewegen Lasten, übertragen Bewegungen, ermöglichen feine Einstellungen und können dabei sowohl zart und sensibel daherkommen als auch robust und unverwüstlich auch unter schwierigsten Bedingungen. Ausschlaggebend dafür, in welche Kategorie ein Gewinde fällt, ist die Geometrie seines Profils und die Steigung.
Heute wollen wir uns einmal ansehen, welche weiteren Spielräume sich ergeben, wenn zwei Gewinde miteinander kombinierte werden. Eine solche Konstruktion wird als Differenzgewinde oder Differentialgewinde bezeichnet. Die Idee ist schon alt – erste Entwürfe des Konzepts stammen aus dem 17. Jahrhundert – aber keineswegs angestaubt. Auch heute noch kommen Differenzgewinde in vielen Bereichen zum Einsatz und haben spezielle Aufgaben, für die sie dank ihrer besonderen Bauweise perfekt geeignet sind. Welche das sind und was ein Differenzgewinde ausmacht, das erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.
Was ist ein Differenzgewinde?
Bei einem Differenzgewinde befinden sich auf derselben Achse zwei unterschiedliche Gewinde. Wenn Sie sich für Eisenbahnen interessieren, dann denken Sie jetzt vielleicht an eine Schraubenkupplung mit zwei gegenläufigen Rundgewinden, die verwendet wird, um Waggons miteinander zu verbinden. Das Prinzip sieht zwar auf den ersten Blick ähnlich aus, das Differenzgewinde funktioniert aber doch ganz anders.
Zum einen handelt es sich bei den beiden Gewinden des Differenzgewindes in den allermeisten Fällen um gleichläufige Gewinde, also nicht um eine Kombination aus Links- und Rechtsgewinde. Zum anderen haben beide Gewinde unterschiedliche Steigungen. Das ist das ausschlaggebende Kriterium, das ein Differenzgewinde ausmacht. Dabei sind zwar verschiedene Kombinationen möglich, aber ein Unterschied in der Steigung muss immer gegeben sein. Denn der bedingt die Funktionsweise des Differenzgewindes.
So funktioniert ein Differenzgewinde
Wie funktioniert das Differenzgewinde also? Stellen wir uns wie beschrieben einen Bolzen vor, auf dem hintereinander ein Gewinde mit kleinerer und dann ein Gewinde mit größerer Steigung angebracht sind. Auf beiden Gewinden des Differenzgewindes sitzt eine passende Mutter. Wenn wir den Bolzen jetzt drehen, bewegen sich beide Muttern in dieselbe Richtung, da beide Gewinde gleichläufig sind. Aufgrund der unterschiedlichen Steigungen beim Differenzgewinde bewegen sie sich aber nicht mit derselben Geschwindigkeit. Der Abstand zwischen den Muttern wird je nach Bewegungsrichtung größer oder kleiner.
Das Prinzip funktioniert übrigens auch andersherum. Auch eine Mutter kann mit Differenzgewinde ausgestattet sein und mit den entsprechenden Bolzen bestückt werden.
Ein Differenzgewinde findet in den verschiedensten Bereichen Anwendung
Die Funktionsweise eines Differenzgewindes lässt sich für verschiedene und sehr unterschiedliche Anwendungsbereiche nutzen. Das Differenzgewinde ist geeignet, um die Relation von zwei Bauteilen zueinander zu ändern und dabei präzise Einstellungen vorzunehmen. Damit kann das Differenzgewinde genutzt werden, um die Linsen eines Mikroskops gegeneinander zu verschieben und so sehr genau den Fokus einzustellen.
Ein anderer Effekt, der durch die unterschiedlichen Steigungen beim Differenzgewinde erzeugt wird, ist die Möglichkeit zum festen Verspannen zweier Bauteile. Da sich beim Rotieren die zwei Bauteile mit unterschiedlicher Geschwindigkeit bewegen, wird das schnellere Bauteil irgendwann das langsamere Bauteil erreichen. Beide Teile ziehen sich zusammen und lassen sich auf diese Weise miteinander verspannen.
Warum der Steigungsunterschied beim Differenzgewinde so wichtig ist
Der Steigungsunterschied ist nicht nur das Hauptmerkmal eines Differenzgewindes. Er ist auch der Wert, über den sich der Effekt steuern lässt, denn er bestimmt, wie sich der Abstand zwischen zwei Muttern beim Drehen zueinander verändert. Man bezeichnet diesen Wert beim Differenzgewinde als effektive Steigung. Bei metrischen Gewinden lässt sich die effektive Steigung berechnen, indem man eine Steigung von der anderen abzieht. Arbeiten wir beispielsweise mit einem Differenzgewinde, das ein M 10 Gewinde mit 1,5 mm Steigung mit einem M 12 Gewinde mit 1,75 mm Steigung kombiniert, ergibt sich daraus: 1,75 mm – 1,5 mm = 0,25 mm effektive Steigung. Der Abstand zwischen beiden Gewinden verringert sich pro Umdrehung also um 0,25 mm. Es lassen sich mit dem Differenzgewinde also sehr feine Einstellungen vornehmen, ohne auf ein Feingewinde und die damit verbundenen Komplikationen zurückgreifen zu müssen. Eine kleine Steigungsdifferenz führt außerdem zu höheren Spannkräften.
Um dieselbe Berechnung mit den TPI Werten von zölligen Gewinden durchzuführen, müssen beide Steigungen zunächst in Brüche nach dem Muster 1/TPI umgerechnet werden, was etwas mehr Rechenaufwand bedeutet.
Können Sie selbst ein Differenzgewinde herstellen?
Schrauben mit Differenzialgewinde können Sie auch käuflich erwerben. Aufgrund der unendlichen Kombinationsmöglichkeit ist es jedoch gut möglich, dass Sie kein Produkt finden, das die beiden gewünschten Gewinde auf einer Achse vereint. In solchen Fällen können Sie diese Gewinde einfach selbst auf einen Bolzen schneiden.
Wie wir gesehen haben, müssen Sie beim Differenzialgewinde vor allem die Auswahl der beiden Steigungen und deren Verhältnis zueinander beachten. Überlegen Sie sich also, welche effektive Steigung Sie für Ihr Projekt benötigen und wählen Sie anschließen zwei Gewindegrößen aus, die das gewünschte Ergebnis liefern. Da die Gewinde beim Differenzialgewinde komplett voneinander separiert sind und jeweils in eigenes Bauteil mit Muttergewinde haben, sind Ihnen kaum Grenzen gesetzt. Sie können Gewinde mit deutlich unterschiedlichen Durchmessern wählen und sogar die Kombination von metrischen und zölligen Gewinden ist denkbar. Diese kann sogar notwendig sein, wenn Sie eine sehr spezielle effektive Steigung anstreben, die sich anders nicht erreichen lässt. Aufpassen müssen Sie hier lediglich bei der Berechnung und den TPI Wert zunächst in eine metrische Steigung umwandeln, um auf die korrekten Werte zu kommen.
Wissen Sie schon, welche beiden Gewinde Sie für Ihr Differenzgewinde vereinen wollen? Dann nichts wie ab in den BAER Online-Shop, um die passenden Gewindewerkzeuge zu besorgen! Und falls Sie mal nicht weiterwissen, steht Ihnen unser Kundenservice gerne mit Rat und Tat zur Seite.