Warum Flachgewinde heute nicht mehr verwendet werden
Wir beschäftigen uns immer gerne mit perfekt ausgeklügelten Gewindeprofilen und loben die Ingenieure von gestern und heute für die präzise Detailarbeit, die nötig war, um ein Gewinde optimal auf seinen Einsatzzweck abzustimmen. Dabei gibt es aber auch in der Geschichte der Gewinde einige Konstruktionen, die sich nicht dauerhaft durchsetzen konnten. Doch auch aus solchen Fällen lässt sich oft noch eine ganze Menge lernen und meist handelt es sich um wichtige Zwischenschritte auf dem Weg hin zu unseren modernen Gewindearten.
Darum sehen wir uns heute mal eine Gewindeart an, die Ihnen sehr wahrscheinlich nie in freier Wildbahn begegnen wird. Das Flachgewinde ist ein Relikt aus den frühen Tagen der Gewindebearbeitung und wird heute nur noch sehr vereinzelt eingesetzt. Wofür wurde es verwendet, wie sah es aus und was hat schließlich dazu geführt, dass das Flachgewinde von moderneren Gewindeprofilen abgelöst wurde? Alle diese Fragen beantworten wir in diesem Blogbeitrag.
Was ist ein Flachgewinde?
Das Flachgewinde ist eine frühe Variante eines Bewegungsgewindes. Es wurde bereits im 19. Jahrhundert in Maschinen für Hub- oder Gewindespindeln verwendet, um eine Drehbewegung in eine axiale Bewegung umzuwandeln.
Das Profil des Flachgewindes ist besonders interessant, denn der Flankenwinkel liegt bei 0°. Wenn Sie sich darunter jetzt so gar nichts vorstellen können, dann denken Sie einfach an eine Reihe von Zinnen auf einer Burgmauer. Das Flachgewinde hat ein Profil, das aus aneinandergereihten Quadraten mit ebenso großen Lücken dazwischen besteht. Daraus folgt, dass es beim Flachgewinde keine Gewindespitze gibt. Wie wird also die Steigung bestimmt? Die Steigung entspricht beim Flachgewinde dem Abstand zwischen zwei gleichen Ecken an nebeneinanderliegenden Quadraten. Breite und Höhe eines der Quadrate messen jeweils die Hälfte der Steigung.
Da das Flachgewinde schon seit langer Zeit nicht mehr zum Standardrepertoire beim Gewindeschneiden gehört, existiert auch keine aktuelle zugehörige Norm. Als Kürzel für das Flachgewinde wird meist die Buchstabenfolge Fl verwendet, im englischen Sprachraum häufig auch Sq für Square thread. Anschließend folgen dann der Nenndurchmesser und die Steigung in mm.
Warum konnte sich das Flachgewinde nicht halten?
Die Beschreibung des Flachgewindes mag ungewöhnlich klingen, tatsächlich ist das beschriebene Gewindeprofil aber sehr effizient. Dadurch, dass der Flankenwinkel bei 0° liegt, gibt es keine radiale Druckbelastung. Außerdem entsteht bei der Benutzung eines Bewegungsgewindes mit flachem Gewindeprofil extrem wenig Reibung. Das führt dazu, dass das Flachgewinde sogar effizienter ist als heute gebräuchliche Bewegungsgewindearten. Was also hat dazu geführt, dass das Flachgewinde dennoch heutzutage kaum mehr verwendet wird?
Das Profil des Flachgewindes ist zwar effizient, aber auch sehr unpraktisch. Es ist schwer herzustellen und erzeugt einen wesentlich höheren Aufwand in der Produktion als andere Gewindeprofile. Außerdem ist das Flachgewinde durch die rechteckige Form deutlich anfälliger gegenüber Beschädigungen und Verschleiß, da sich die scharfen Kanten einfach schneller abnutzen.
Das führt also dazu, dass das Flachgewinde trotz der hohen Effizienz keinen positiven Kosten-Nutzen-Faktor aufweisen kann. Es verursacht in der Herstellung und durch die hohe Abnutzung einfach zu viele Kosten. Andere Gewindeprofile lassen sich da wesentlich einfacher herstellen und eigenen sich ebenso gut für den Einsatz als Bewegungsgewinde.
Das sind die modernen Nachfolger des Flachgewindes
Als offizieller Nachfolger des Flachgewindes und Versuch, die Vorteile beizubehalten und gleichzeitig die Nachteile abzuschwächen, gilt das Trapezgewinde. Im Profil eines Trapezgewindes lässt sich das historische Vorbild auch noch erahnen. Nur werden hier eben keine Quadrate aneinandergereiht, sondern gleichschenklige Trapeze. Genauso wie das Flachgewinde kommt das Trapezgewinde als Bewegungsgewinde für Leitspindeln und Spindelpressen zum Einsatz.
Zwei Varianten des Trapezgewindes haben sich als Nachfolger des Flachgewindes durchgesetzt:
Das metrische Trapezgewinde ist nach DIN 103 genormt und wird Ihnen hierzulande am häufigsten begegnen. Es hat einen Flankenwinkel von 30°, also doch ein deutlicher Unterschied gegenüber dem Flachgewinde. Zudem existiert noch ein Trapezfeingewinde, das ebenfalls nach DIN 103 genormt ist.
Die Entsprechung aus dem amerikanischen Raum ist das ACME Trapezgewinde. Es ist dem metrischen Trapezgewinde zwar ähnlich, weist mit einem Flankenwinkel von nur 20° aber auch einen entscheidenden Unterschied auf. Eine Variante dieses Nachfolgers des Flachgewindes ist das STUB ACME Gewinde mit einer geringeren Gewindetiefe.
Brauchen Sie heutzutage noch ein Flachgewinde?
Für Sie stellt sich nun die Frage, ob Sie sich die Daten und Fakten zum Flachgewinde merken müssen oder anders ausgedrückt: Brauchen Sie das Flachgewinde heutzutage noch? In aller Regel lautet die Antwort auf die Frage nein. Das Flachgewinde wurde durch sehr fähig Nachfolger abgelöst und wird generell nicht mehr verwendet. Ganz vergessen sollten Sie es dennoch nicht. Denn die extrem hohe Effizienz des Flachgewindes ist und bleibt ein Fakt, der sich nun mal nicht wegdiskutieren lässt. Und so gibt es durchaus vereinzelt noch Anwendungen, für die das Flachgewinde die beste Wahl ist. In diesen Fällen werden Bauteile mit Flachgewinde jedoch aufwändig als Sonderanfertigung hergestellt.
Das gilt jedoch nicht für Bastler, die gerne mit alten Bauteilen arbeiten oder historische Gerätschaften reparieren. Hier kann es durchaus vorkommen, dass Ihnen ein Flachgewinde noch begegnet. Und es soll ja auch den ein oder anderen Betrieb geben, in dem Maschinen noch aktiv genutzt werden, die eigentlich schon längst in ein Industriemuseum gehören würden. Auch hier könnte es also durchaus möglich sein, noch auf eine Gewindespindel mit Flachgewinde zu treffen. Und falls Ihnen das einmal passiert, dann wissen Sie jetzt ganz genau, womit Sie es zu tun haben!
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